Hoffnungszeichen
Hoffnungszeichen November 2024 Paul Weitzer
1. u. 2. Kann eine Kooperation von Religionen im Religionsunterricht und ein
Ökumenisches Gebet für verfolgte Christen die Ökumene weiterbringen?
3. Der syrische unierte Patriarch ruft die syrischen Schwesterkirchen zur Einheit auf.
4. Papst Franziskus hat den Dialog mit der orthodoxen Kirche als „besonders fruchtbar“
gewürdigt.
5. Das Jubiläum 1.700 Jahre Konzil von Nicäa: Einheit als Ziel, Hoffnung als Treibstoff
1. In Wien gibt es positive Erfahrungen mit Kooperation von Religionen im
Religionsunterricht. Die Chancen und Grenzen der Zusammenarbeit der verschiedenen
Religionen beim schulischen Religionsunterricht (RU) waren Thema einer Enquete im Wiener
Rathaus. Kooperative Modelle sorgten für mehr Wissen voneinander, stärkten Toleranz, Respekt
und Wertschätzung des anderen und wirkten Vorurteilen und Stereotypen entgegen, hieß es bei
den Diskussionsrunden von 140 Beteiligten aus neun Kirchen und Glaubensgemeinschaften.
Mehrere Erfolgsbeispiele für konfessionell kooperativen RU wurden präsentiert, etwa das
Friedensprojekt „optimis-TISCH“, das nach dem Hamas-Terrorangriff auf Israel gestartet wurde.
Religionslehrkräfte hatten in Wien Tischaktionen initiiert, um Bilder und Zeichen der Hoffnung,
Zuversicht, Solidarität und Haltung zu schaffen, berichteten Andreas Niedermayr vom
Erzbischöflichen Amt für Schule und Bildung sowie die Leiterin des Islamischen Schulamts,
Amina Baghajati. Dank schon bestehender interreligiöser Zusammenarbeit gelinge die
Kooperation, Schon seit 2016 kooperieren die christlichen Religionslehrkräfte an der
Katholischen Privatschule Sta. Christiana in Wien-Rodaun. Themenkreise wie Bibel,
Kirchenjahr, Sakramente oder auch Menschen- und Kinderrechte werden „gemeinsam geplant,
abgesprochen und gegebenenfalls adaptiert“, berichteten Irene Miller (evangelisch), Ulrike
Sychrovsky (römisch-katholisch) und Ioannis Männl (orthodox). (kap v.19. 11.)
2. In Wien wurde ein Ökumenisches Gebet für verfolgte Christen veranstaltet: An dem
ökumenischen Gebetsgottesdienst in der Wiener Michaelerkirche nahmen u.a. der armenisch
apostolische Bischof und Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, Tiran
Petrosyan, der Wiener Weihbischof Franz Scharl und der anglikanische Kanonikus Patrick
Curran teil. Zum Gebet hatte das Hilfswerk „Kirche in Not“ geladen. Es fand im Rahmen des
„Red Wednesday“ statt. Bischof Petrosyan sprach von der „Ökumene des Blutes“, die die
Christen verbinde. Die Geschichte des armenischen Christentums sei von den Anfängen bis zur
Gegenwart auch eine Geschichte der Verfolgung und des Martyriums. Weihbischof Scharl zeigte
sich in seinem Impuls erfreut darüber, dass die Initiative des „Red Wednesday“ immer weitere
Kreise zieht. Am ökumenischen Gottesdienst nahmen u.a. auch der griechisch-orthodoxe
Erzpriester Ioannis Nikolitsis, der syrisch-orthodoxe Chorespiskopos Emanuel Aydin, der
Vorsitzende des Rates der Freikirchen in Österreich, Pastor Franz Gollatz, und Hirte Walter
Hessler von der Neuapostolischen Kirche teil. Gebetet wurde für die Angehörigen aller
Religionen, die wegen ihres Glaubens verfolgt werden; ebenso auch für die Verfolger, dass sie
sich besinnen mögen. Der „Red Wednesday“ wurde wegen der weltweit zunehmenden
Christenverfolgung ins Leben gerufen. In Österreich nahmen heuer rund 230 Kirchen, Klöster
und kirchliche Einrichtungen teil. Rot beleuchtet werden in Österreich etwa die Dome in
Eisenstadt, Graz, Innsbruck, Linz, Salzburg und Wien sowie auch das Bundeskanzleramt und die
Präsidentschaftskanzlei in Wien. (kap v. 21. 11.)
3. Der syrische unierte Patriarch ruft die syrischen Schwesterkirchen zur Einheit auf: „Wir
sitzen alle im selben Boot.“ Mit diesen Worten hat der chaldäisch-katholische Patriarch Louis
Sako an die assyrischen Schwesterkirchen appelliert, gemeinsam Schritte zur Kircheneinheit zu
setzen, wie der „Pro Oriente“-Informationsdienst berichtete. Die Kircheneinheit sei der einzige
Weg, um die aktuellen und künftigen Herausforderungen für die Christen im Nahen Osten zu
bewältigen. Sako wandte sich in einer auf der Website des chaldäischen Patriarchats
veröffentlichten Erklärung an die Assyrische Kirche des Ostens, die Alte Kirche des Ostens, die
Assyrische Evangelische Kirche und an seine eigene Chaldäisch-katholische Kirche. Für den
Kardinal ist die Kirchenspaltung „gegen den Willen Christi“. Zumindest die Chaldäische,
Assyrische und Alte Kirche des Ostens hätten auch „eine gemeinsame Geschichte, eine
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gemeinsame Tradition, ein gemeinsames reiches Erbe“. Sako würdigte in seinen Ausführungen
die „Gemeinsame Erklärung zur Christologie“, die vor 30 Jahren von Papst Johannes Paul II. und
dem damaligen assyrischen Patriarchen Mar Dinkha IV. in Wien unterzeichnet wurde. Die
„Assyrische Kirche des Ostens“ geht auf die Kirche im alten Perserreich in Mesopotamien
zurück und zählt weltweit rund 400.000 Gläubige in Iran, Irak, Syrien, Libanon sowie u. a. in
Europa, Nordamerika, Australien und Indien. Der Patriarch hat seinen Sitz im nordirakischen
Erbil. Ab dem 16. Jahrhundert gab es immer wieder Teile der Assyrischen Kirche des Ostens, die
Unionen mit Rom eingingen, Anfang des 19. Jahrhunderts etablierte sich daraus schließlich
endgültig die „Chaldäisch-katholische Kirche“. Diese zählt weltweit rund 650.000 Gläubige im
gesamten Nahen Osten sowie u. a. in Westeuropa, den USA und Australien. Der Patriarch hat
seinen Sitz in Bagdad. Die „Alte Kirche des Ostens“ ist erst in den 1960er Jahren nach einer
Kalenderreform in der Assyrischen Kirche des Ostens aus dieser hervorgegangen. Sie zählt
weltweit ca. 100.000 Gläubige im Irak sowie u. a. in Nordamerika, Europa und Australien. Die
„Assyrische Evangelische Kirche“ ist eine presbyterianische Kirche, die 1870 den Status der
kirchlichen Unabhängigkeit von der presbyterianischen Mission im Iran erlangte. (www. pro
oriente.at u. vn v. 29.11.)
4. Papst Franziskus hat den Dialog mit der orthodoxen Kirche als „besonders fruchtbar“
gewürdigt. In einem Grußwort an den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. lobte er die
Beziehungen beider Kirchen: „Katholiken und Orthodoxe dürfen niemals aufhören, gemeinsam
zu beten und zu arbeiten, um uns darauf vorzubereiten, das göttliche Geschenk der Einheit
anzunehmen.“ Der Weg zur Einheit solle dabei von einem „Zuhören ohne zu verurteilen“ geprägt
sein. Das 1.700-Jahr-Jubiläum des Konzils von Nizäa (325) führte Franziskus als weitere
Gelegenheit des gemeinsamen Wachsens an. „Die Erinnerung an dieses wichtige Ereignis wird
sicherlich die bereits bestehenden Bande stärken“. Dieses Grußwort des Papstes wurde in
Istanbul am Ende eines Gottesdienstes zum Festtag des Apostels Andreas verlesen. Zu der Feier
mit dem Patriarchen war auch eine Vatikan-Delegation unter Leitung des vatikanischen
Ökumene-Beauftragten Kardinal Kurt Koch gereist. Im Gegenzug besuchen Gesandte des
Ökumenischen Patriarchats die römisch-katholischen Feiern zum Festtag Peter und Paul am 29.
Juni im Vatikan. Während der Papst als Nachfolger des Apostels Petrus gilt, beruft sich der
Ökumenische Patriarch auf den Bruder von Petrus, den heiligen Andreas. (vn u. kap v. 30.11.)
5. 1.700 Jahre Konzil von Nicäa: Einheit als Ziel, Hoffnung als Treibstoff: Papst Franziskus hat
angekündigt, im kommenden Jahr anlässlich des 1.700-jährigen Jubiläums des Konzils von Nicäa
in die heutige Türkei reisen zu wollen. Dazu Stefanos Athanasiou, orthodoxer Theologe, und
Benediktinerabt Nikodemus Schnabel im Interview: Für Athanasiou ist die Bedeutung von Nicäa
unbestritten: „Nicäa ist tatsächlich ein Konzil, auf das wir uns Christen aller Konfessionen
einigen können. Es bildet das Fundament unseres gemeinsamen Glaubens.“ Trotz der aktuellen
Krise im Heiligen Land blicken beide Theologen hoffnungsvoll auf die Möglichkeit des
„Theologischen Studienjahres“ wieder in Jerusalem. Diese Institution, die seit über 50 Jahren
Studierende verschiedener Konfessionen zusammenbringt, sei ein Leuchtturm der Ökumene.
„Die Begegnungen mit Kirchenoberhäuptern und das Leben inmitten der christlichen Vielfalt
sind prägende Erfahrungen“. Die Einladung des Papstes, das Jubiläum gemeinsam mit dem
Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios zu begehen, wird von Athanasiou als „starkes Zeugnis
des christologischen Glaubens“ gewertet. Benediktinerabt Nikodemus Schnabel: „Die
gemeinsame Feier von Ostern könnte ein Auftrag sein, endlich zu einer einheitlichen Lösung zu
finden – ein wichtiger Schritt in Richtung Einheit. […] Es ist ein Skandal der Glaubwürdigkeit,
dass wir als Christen die Auferstehung Christi nicht gemeinsam feiern können. […] Unser Traum
ist ein noch breiteres ökumenisches Spektrum, bei dem auch orthodoxe und orientalisch
orthodoxe Studierende fester Bestandteil der Gemeinschaft [ des „Theologischen Studienjahres“
P. W.] werden.“ Dieses Ziel reflektiert Anliegen, durch Bildung und Gemeinschaft Brücken
zwischen den Konfessionen zu bauen. Die Vision eines geeinten Christentums bleibt lebendig –
getragen von der Überzeugung, dass die Botschaft der Auferstehung stärker ist als alle
Trennungen, so der Abt. (vn v. 30. 11.)